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Haushalt 2021 – Zeit zu handeln

Als ich im November meine Amtsgeschäfte aufnahm, ging es neben dem Beginn der Orientierungsphase im Rathaus, einem ersten Kennenlernen meiner Kolleginnen und Kollegen sowie dem Einleiten des Gründungsprozesses der Gesamtschule auch ziemlich direkt um die Einbringung des Haushaltsentwurfes 2021.

 

Der Haushalt ist ein riesiges Zahlenwerk, das durch die Kämmerei im Zusammenspiel mit den Dezernaten über Wochen erarbeitet wird. Für mich hieß es, mir in sehr kurzer Zeit einen detaillierten Einblick zu verschaffen. Fragen über Fragen kamen auf und wurden/werden von meinen Kollegen (nein, ich habe das innen* nicht vergessen, außer der Kämmerin arbeiten in diesem Bereich tatsächlich keine Frauen) geduldig und kompetent beantwortet. 

 

Übrigens: Um die Auswirkungen der Pandemie im Haushalt 21 analog der Vorgaben des Bundes berücksichtigen zu können, wurden in diesem Jahr zusätzlich über 2.000 Konten – was für eine Zahl, welch enormer zeitlicher Aufwand! – auf Corona bedingte Schäden überprüft. 

 

Schnell war klar, dass wir es auch in 2021 mit einem mächtigen Defizit, zu tun haben würden, denn trotz Steuererhöhungen würde ein Minus von 4 Mio. Euro unter dem Strich stehen. Damit nicht genug: Das zusätzliche Erbe, das ich antrete, sind fast 50 Mio. Liquiditätskredite, die wir in der Stadt Mettmann in den letzten Jahren angehäuft haben, sowie eine komplett aufgebrauchte Ausgleichsrücklage.

 

Bereits im Juni 2020 – mit Genehmigung des Haushalts 2020 – hat uns die Kommunalaufsicht daher mitgeteilt, dass die Stadt Mettmann seit Jahren ein deutliches strukturelles Problem in der Finanzierung ihrer Aufgaben hat und zwingend aktiv werden muss.

 

Und ja, es wäre schöner gewesen, bereits in den letzten Jahren die Finanzsituation – auch durch Steuererhöhungen – schrittweise zu verbessern, doch dies ist nicht geschehen. Zusätzlich wurden viele notwendige wie pflichtige Investitionen nicht getätigt. Viele Projekte dulden nun keinen Aufschub mehr, aufgrund von gesetzlich vorgeschriebenem Arbeitsschutz, uns vorgegebenen Veränderungen in Rettungsbedarfsplänen, Rechtsansprüchen in der Kinderbetreuung …. 

Die Gründe für das Nicht-Agieren in den letzten Jahren sind bestimmt vielfältig und waren zum damaligen Zeitpunkt gut zu argumentieren. Doch im Jetzt und Heute spielen diese keine große Rolle mehr, da sie die Situation in der wir uns aktuell befinden, nicht mehr verändern.

 

Fakt ist: ein weiteres Abwarten und Hoffen ist keine Option. Es ist jetzt Zeit zu handeln und zwar kurzfristig, wie mittelfristig. Doch auch in dieser prekären Situation treffen weder die Kämmerin noch ich eine solch tiefgreifende Entscheidung, wie die Empfehlung zu einer Steuererhöhung, leichtfertig. Allen Handelnden ist vollkommen und schmerzlich bewusst, dass die vorgeschlagene Steuererhöhung besonders für Bürger mit geringen Einkommen eine herbe Zusatzbelastung darstellt.

Apropos: Was bedeutet die Erhöhung denn eigentlich in Euros?  Die vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer bedeutet für einen Mieter in einer 60m² Wohnung einen Aufschlag von ca. 15€ /Monat, der Eigentümer eines Reihenhauses muss mit ca. 25€/Monat rechnen, die Bewohner eines freistehenden Hauses mit ca. 30€.  Für Mieter, die Wohngeld o.ä. Leistungen erhalten, entsteht keine erhöhte Belastung, da der Mehraufwand durch die unterstützende Leistung abgedeckt wird.

 

Der Vorschlag zur Anhebung der Grundsteuer B in Höhe von 300 Punkten ist nicht als „maßlos“ zu verstehen. Vielmehr verdeutlicht er das Ausmaß unserer Finanzprobleme. Der Vorschlag der Verwaltung ist ein erster Entwurf als Basis für weitere Haushaltsberatungen der Fraktionen und des Rates. Ich bin offen und sehr gespannt auf den Austausch mit den Fraktionen in den kommenden Wochen zusammen mit der Kämmerin, in denen gemeinsam ein Haushalt für die Stadt erarbeitet und dann hoffentlich im politischen Konsens verabschiedet wird. Hierbei immer im Fokus: Wege zur Haushaltsentlastung und das Wohl Mettmanns.



 

Vermeintlich einfache Wege einer Lösung wurden zwischenzeitlich in der Presse wie auch in den Sozialen Medien „diskutiert“, viel harsche Kritik wurde geübt, Schuldige wurden gesucht. Hierzu möchte ich nur folgendes sagen: Selbstverständlich werden große Aufwandspositionen verwaltungsintern wie auch vom Rat hinterfragt, ebenso sind auch weitere Ansätze zur Verbesserung des Haushaltes auf dem Prüfstand und eine Gruppe von Finanzexperten wird sich mit Finanzperspektiven für unsere Stadt beschäftigen.

Mögliche Erfolge aus solchen Überlegungen wirken sich – dies gebe ich zu bedenken – jedoch frühestens mittelfristig aus und bedürfen einer intensiven Überprüfung. Kommunikationsfähig sind die Ergebnisse dieser Arbeit daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Hierfür bitte ich um Verständnis.

 

Ich bin mit dem Motto angetreten „gemeinsam mehr möglich zu machen“. Ich lade dich daher ein, konstruktiv mitzudenken und deine Idee an info@sandra-pietschmann.de zu senden. Bist du ein ausgesprochener Finanzexperte, dann begrüße ich dich sehr gerne in der Gruppe „Finanzperspektiven“.


 

Übrigens: Auch in der Haushaltsdiskussion scheint mein Wohnort Ratingen-Homberg eine Rolle zu spielen. Daher bestätige ich an dieser Stelle gerne meine Aussage im Wahlkampf: Sollte die Grundsteuer in Mettmann erhöht werden müssen, um a) unseren Standard zu halten, b) die anstehenden Ausgaben zu meistern und c) Investitionen in die Zukunft zu tätigen, dann werde ich den Differenzbetrag spenden. Das habe ich auch schon mit der jetzigen Grundsteuer-Differenz so gehalten und eine Spende zu Gunsten einer Mettmanner Institution getätigt ,-).

 

Ich freue mich auf euer Feed-Back unter: >DIALOG< zu meiner Haushaltsrede (nachfolgend).

 

Eure 

Sandra Pietschmann


Haushaltsrede von Bürgermeisterin Sandra Pietschmann zur Einbringung des Haushaltes 2021:

Zeit zu handeln

Es gilt das gesprochene Wort.

 

Sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen, sehr geehrte Mettmannerinnen und Mettmanner,

 

auch wenn ich erst kurze Zeit im Amt bin – was für ein Jahr!

 

Die Welt kämpft mit einer Pandemie, unser Stadtrat hat sich neu konstituiert und hat viele neue Gesichter; der Beschluss für die Beantragung einer Gesamtschule verändert unsere Schullandschaft und noch viele weitere wichtige Projekte für unsere Stadt liegen vor uns.

 

Erstmals darf ich Ihnen heute zusammen mit Kämmerin Veronika Traumann den Haushaltsplan vorstellen.

 

Eigentlich werden in solchen Reden häufig große Dichter und Denker zitiert.

 

Heute möchte ich jedoch – bevor wir zu den Eckpunkten des Haushaltes 2021 kommen – aus einer anderen Quelle zitieren:

dem denkwürdigen Schreiben der Kommunalaufsicht, das die Verwaltung bereits bei der Genehmigung der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2020 im vergangenen Juni erhalten hat.

 

Darin ist die Rede von „einer rasanten Talfahrt der Mettmanner Haushaltssituation“ und auch das Damoklesschwert eines drohenden Haushaltssicherungskonzeptes wird in diesem „blauen Brief“ mehr als einmal erwähnt.

 

Die Kommunalaufsicht hat uns aufgefordert, „[...] den zwingend erforderlichen Konsolidierungskurs einzuschlagen und eigenverantwortlich Maßnahmen, Entscheidungen und Strategien zur dringend erforderlichen Stabilisierung der Haushaltssituation zu treffen.

Bis dato ist es uns nicht gelungen, die geforderten – wie es heißt – „alternativlosen Konsolidierungserfordernisse“ zu erfüllen.

 

Im Gegenteil: hinzu kam noch die Corona-Pandemie!

 

Die Finanzschäden, die durch Corona verursacht werden, steigen von Tag zu Tag und belasten den städtischen Haushalt in kaum vorstellbaren Dimensionen. Aktuell rechnen wir mit Corona-bedingten Finanzschäden in Höhe von 7,8 Mio. € für 2021. Ein noch rasanterer finanzieller Absturz wird nur durch das CIG NRW verhindert.

 

Unsere aktuelle Finanzsituation ist das Ergebnis einer Anhäufung von Jahresfehlbeträgen von rund 50 Mio. € im Zeitraum 2009– 2018.

 

Und auch im laufenden Haushaltsjahr 2020 rechnen wir trotz Ertragssteigerungen mit einem Jahresfehlbetrag in Höhe von rund 4,2 Mio. €. Dadurch wird unsere Allgemeine Rücklage weiter aufgezehrt und wir rücken noch näher an den Rand des HSK.

Sie alle wissen um die 5 % Regelung!

 

Ich neige nicht zur Dramatisierung und bin eher als geradlinige Rechnerin mit kühlem Kopf bekannt. Aber, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, liebe Mettmannerinnen und Mettmanner: Unsere Situation erfordert mehr als ein bloßes – und ängstliches – Hoffen auf Besserung.

 

JETZT ist die Zeit, zu handeln!

 

Auch wenn der Zeitpunkt mitten in der Pandemie – und dies ist mir sehr schmerzlich bewusst – alles andere als ideal ist.

 

Doch eine spürbare Konsolidierung erlaubt keinen weiteren Aufschub! Wir werden zum einen sparen müssen, zum anderen Erträge steigern. Wo, wieviel und ab wann, darüber werden Politik und Verwaltung in den kommenden Wochen miteinander beraten und die nächsten Schritte beschließen.

 

Was bedeutet dies für uns alle?

  • Einige – auch liebgewonnene – Dinge und Institutionen müssen mit Augenmaß auf den finanziellen Prüfstand;
  • Bei weiteren – anstehenden, pflichtigen und beschlossenen – Investitionen müssen wir nochmals mit „spitzem Bleistift“ ran und sollten eben darum innovativen und kreativen Lösungen gegenüber offen sein;
  • Im Personalbereich der Verwaltung arbeiten wir größtenteils und bekanntermaßen schon „Spitz auf Knopf“. Hier sehe ich einerseits Chancen für eine Entlastung meiner Kolleginnen und Kollegen durch die dringend gebotene Digitalisierung. Gleichzeitig werden wir Ihrem absolut berechtigten Interesse nach mehr Transparenz in diesem Bereich im Jahr 2021 Rechnung tragen.

Zugleich werden wir unsere Einnahme-Situation verbessern müssen. Denn Investitionen in die Bildungslandschaft und in unsere Sicherheit sind notwendig, bescheren uns allerdings keine Einnahmen.

 

Deshalb:

  • Wir müssen dort investieren, wo wir nach einer gewissen Zeit mit „Cashback“ belohnt werden. Gemeinsam mit unserer Wirtschaftsförderung und dem Stadtmarketing suche ich hierzu aktiv den Kontakt zu unseren Unternehmen vor Ort.
  • Und natürlich gilt es, Neuansiedlungen zu ermöglichen. Wir haben im wahrsten Sinn des Wortes Brachen in der Stadt zu erschließen. Hier brauchen wir unternehmerisches Denken und Tempo bei der Umsetzung.
  • Wie können wir noch weitere Einnahmequellen erschließen? Touristisches Marketing und ein neues Kulturmanagement verbessern mittelfristig ebenso unsere Einnahmesituation.
  • Und neben der gelungenen Umgestaltung unserer Innenstadt folgt nun die Neugestaltung eines attraktiven Jubiläumsplatzes, der hoffentlich durch eine neue Aufenthaltsqualität eine Reduzierung des Leerstandes und eine weitere Belebung der Innenstadt nach sich zieht.
  • Bliebe noch unser „Tafelsilber“ – z.B. eine gemeinsam noch zu konkretisierende Zukunft für das Stadthallen-Areal. Hier sehe ich die Chance für eine prosperierende Stadtentwicklung, die auch bürgerschaftliche Urbanität sichert.

Es ist kein Geheimnis, dass sich diese Maßnahmen erst mittel- und langfristig auswirken. Wir benötigen allerdings auch kurzfristige Lösungen, die uns schnell weiterhelfen.

 

Deshalb ist es fast unumgänglich, für das Haushaltsjahr 2021 die Grundsteuer B anzuheben.

 

So lautet der konkrete Vorschlag der Verwaltung: die Grundsteuer B um 300 v.H. zu erhöhen, auf dann insgesamt 780 v.H.

 

Ja, das bedeutet, dass Mettmann bei der Grundsteuer B den Spitzenplatz im Kreisgebiet einnehmen wird.

 

Und ja, einige von Ihnen werden jetzt zu recht denken und sagen: „Das ist kein innovativer oder kreativer Ansatz!“. Doch neben den dargestellten mittelfristigen Spar- und Einnahmemöglichkeiten ist es einer der wenigen, direkt umlegbaren Hebel und aus meiner Sicht zwingend erforderlich, um unsere Handlungsfähigkeit zu erhalten, denn:

 

Trotz erwarteter Ertragssteigerungen,

 

trotz der vorgeschlagenen Steuererhöhung und

 

trotz der Isolation der kalkulierten Corona-bedingten Finanzschäden weist das Haushaltsjahr 2021 nach heutigem Kenntnisstand einen Jahresfehlbetrag i.H.v. 3.975.070 € aus.

 

Wollen wir unsere Gestaltungskompetenz und Finanzhoheit behalten, ist ein Gegensteuern beim strukturellen Defizit jetzt alternativlos.

 

Unsere Ausgleichrücklage ist bereits komplett aufgezehrt, die Allgemeine Rücklage schmilzt dahin und bringt uns damit – wie schon erwähnt – immer näher an die 5 %-Grenze des drohenden Haushaltssicherungskonzeptes. Dies würde das Ende unseres eigenständigen Handelns bedeuten.

 

Das möchte ich zum Wohle und der Entwicklung unserer Stadt unbedingt verhindern!

 

Damit ist heute der Moment gekommen, den Tatsachen ins Auge zu blicken, die Zeit des bloßen Hoffens zurückzulassen. Es ist Zeit, Entscheidungen zu treffen, auch wenn diese schmerzhaft sind und uns treffen, es ist Zeit, zu handeln.

 

Wir befinden uns in einer Situation, die uns, liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen, liebe Mettmannerinnen und Mettmanner, alle gleichermaßen angeht und fordert.

 

Schenken Sie Ihr Wissen, Ihre Ideen und Ihre Tatkraft unserer Stadt: beteiligen Sie sich, die Weiterentwicklung unserer liebenswerten Stadt liegt in unseren Händen.

 

Gehen Sie mit mir und unserem Verwaltungs-Team Schritt für Schritt voran. Für unsere Stadt, für Mettmann.

 

Vielen Dank.


Hier die Haushaltsrede zum downloaden:

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