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Rede zur Einbringung des Haushalts 2023

Haushaltsrede von Bürgermeisterin Sandra Pietschmann 

zur Einbringung des Haushaltes 2023 in der Ratssitzung am 13. Dezember 2022


Es ist Zeit zu Handeln – 2021!

Gemeinsam geht´s weiter – 2022!

Vorausschauend trotz Krise – 2023!

Lassen Sie mich direkt zu Beginn das Fazit meiner Rede mit den drei wichtigsten Punkten vorwegnehmen, die ich später im Detail weiter ausführe:

1. Wir haben eine positive Arbeitsbilanz.

In den letzten zwei Jahren haben wir gemeinsam vieles geschafft, umgesetzt, entschieden und in die Wege geleitet. Auch Dinge, die jahrelang nicht angegangen wurden oder lange nicht entscheidungsreif waren. Und dies trotz multipler Krisen! Darauf bin ich stolz, und sollten auch Sie stolz sein. Ich bedanke mich bei allen – hier im Rat, aber auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung – die konstruktiv daran mitgewirkt haben.

 

2. Wir haben kurz- und mittelfristig große Herausforderungen zu meistern – die langfristig Wirkung zeigen

 

Wir zeigen diese schon jetzt auf.

 

Einerseits stehen pflichtige Investitionen in einem enormen Ausmaß an, um dem Sanierungsstau zu begegnen, diese müssen priorisiert werden.

Andererseits müssen wir Entscheidungen treffen, an welchen Stellschrauben wir drehen wollen und müssen, um die Finanzierung sicherzustellen.

 

Um hierbei der großen Verantwortung für eine soziale Balance gerecht zu werden, sollten wir uns folgende Fragen stellen:

  • Was sind uns die Dinge wert, die unsere Stadt so lebenswert machen?
  • Wie werden wir diese finanzieren?

Mit einem Blick bis ins Jahr 2027 geben die Kämmerin und ich Ihnen mit diesem Haushalt und den kommenden Haushaltsberatungen Transparenz in großen und relevanten Fragen, die Ihnen die Steuerung anhand großer Linien ermöglicht. 

 

3. Die Finanzen entwickeln sich in den nächsten Jahren dramatisch noch weiter zum Schlechteren.

 

Die größten laufenden Belastungen sind dabei nicht hausgemacht, sondern pflichtige Aufgaben, die wir gar nicht beeinflussen können. Sie kommen von Land und Bund zu uns. An diese Stellen müssen wir auch immer wieder aufs Neue appellieren. Eine Reform der Kommunalfinanzen muss her! Ich fühle uns hier allein gelassen mit immer weiter wachsenden Aufgaben. 

 

Gleichzeitig ist es unsere Stadt und wir stehen hier in Verantwortung. Den Kopf in den Sand zu stecken ist also keine Option. So schmerzlich es auch sein wird. Um unsere Aufgaben zu erfüllen und um Ratsbeschlüsse umzusetzen, müssen harte Entscheidungen getroffen werden.


Sehr geehrte Ratskolleginnen und Ratskollegen, sehr geehrte Mettmannerinnen und Mettmanner,

 

die aktuelle Ratsperiode ist geprägt durch unvorhersehbare Krisen mit enormen Auswirkungen. Sie betreffen uns alle. Parallel dazu bahnt sich in vielen Kommunen eine durchgreifende Finanzkrise an. Auch sie betrifft uns alle.

 

In unserem privaten Umfeld belegen uns die Krisen mit Sorge. Die große Sorge um unsere Gesundheit und den Frieden in Europa, sowie wirtschaftlichen Sorgen, verbunden mit Einschränkungen unseres gewohnten Standards.  

 

Im beruflichen Umfeld der Bürgerinnen und Bürger verursachen die Krisen Unsicherheit. Wie werden die Unternehmen durch die Energiekrise steuern, nachdem bereits die corona-bedingten Lieferkettenprobleme die Wirtschaft schwächten? Umfangreiche Entlastungspakete in Höhe von mehreren 100 Milliarden Euro wurden in den letzten Wochen und Tagen durch Bund und Land geschnürt. Das Ziel ist, die Auswirkungen der Krisen in der Wirtschaft wie auch in den privaten Haushalten abzufedern. In den Kommunen- auch in Mettmann- kommt hingegen keine nachhaltige Entlastung an. Die notwendige Gemeindefinanzierungsreform steht zwar auf dem Plan, jedoch leider ohne Datum (siehe im weiteren Verlauf – Bilanzierungshilfen). 

 

Der Städte- und Gemeindebund sagt: „Deutschlands Kommunen wähnen sich gegenüber steigender Energie- und Sozialausgaben vor der größten Finanzkrise seit Bestehen der Bundesrepublik.“

 

Gleichzeitig sind wir alle nach Corona an vielen Stellen mit einem extremen Fachkräftemangel konfrontiert und fragen uns immer wieder – wo sind sie denn hin, die Kollegen in allen Bereichen der Wirtschaft und auch im öffentlichen Dienst? Überlastung entsteht an vielen Stellen aus der Kombination des beruflichen Alltags mit hoher Arbeitsverdichtung und dem Gefühl eines Kontrollverlustes durch zu große, teils unfassbare, Veränderungen, die die Nachrichtensender täglich in unsere Wohnzimmer spülen.

Eine gesellschaftliche Krise entsteht: Der Wunsch nach einfachen Lösungen ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen nachvollziehbar. Wir sind ratlos und erschüttert, zu viele über Jahrzehnte gesetzte Dinge geraten in Fluss. Zeitgleich weiß jeder, der es ehrlich meint, dass es einfache Lösungen nicht gibt.

 

Die Flucht in den Populismus scheint für manche ein probates Mittel zu sein. Doch dies führt lediglich zu Empörung, Schuldzuweisung und Spaltung der Gesellschaft.

Nicht zu Antworten, die wir benötigen, um die vor uns liegenden Aufgaben gemeinschaftlich angehen zu können.

 

Und Aufgaben haben wir auf kommunaler Ebene, auch in unserer Stadt Mettmann, nach wie vor viele. Durchaus können wir an dieser Stelle von einer lokalen Finanzkrise sprechen, die in ihrer Dimension leider sehr dramatisch, aber vorhersehbar ist. 

Nach einem Defizit von 4,5 Mio in 2023 wird sich unser Defizit im Jahr 2027 gem. aktuellen Hochrechnungen auf geschätzt 12 Mio. Euro belaufen.

 

Und wer glaubt, es kann nicht schlimmer kommen: 

 

Bei dieser Hochrechnung sind bereits Veränderungen der Grundsteuer (125 Punkte in 4 Schritten und 75 Punkte Gewerbesteuer-Punkte) berücksichtigt. Der weitere Verzehr des noch vorhandenen Eigenkapitals wird sich also rapide fortsetzen. 

 

Meine Forderung: Kommunale Selbstverwaltung benötigt ausreichende Mittel!  

Das Gewerbesteuergesetz stammt aus 1936. Das System ist unter den heutigen Voraussetzungen „zweifelhaft“ (Zitat: Zeit 51/2022). Es setzt auf glückliche Umstände. 

 

Ein Beispiel: Mainz erhält in diesem Jahr 1 Milliarde Euro an Gewerbesteuer aus dem Erfolg von BionTech. Ähnlich einem Lottogewinn. Es hätte auch Tübingen mit CureVec treffen können. Ist der Lottogewinn dann erfolgt, gilt regelmäßig folgendes Wort (Zitat: Zeit 51/22): „In der Welt der Kommunalfinanzen scheißt der Teufel fast immer auf die reichste Stadt“. 

 

Oder anders ausgedrückt: Reiche Städte werden reicher, arme werden abgehängt. Oder müssen sich vermehrt selbst helfen, was zu Steuererhöhungen oder tiefen Einschnitten an Lebensqualität in der Stadt führt. Dies könnte bei uns der Fall sein. 


Doch lassen Sie uns zuerst auf die Fortschritte des gemeinsamen Handelns des Rates und der Verwaltung in den letzten Monaten schauen:

Thema Bildung:

Die Fördermittel „Aufholen nach Corona“ wurden erfolgreich beantragt und eingesetzt. 

Zur Zusammenführung aller notwendigen Maßnahmen an allen Schulen in Mettmann wird ein Masterplan Schulen erstellt. Die Maßnahmen werden priorisiert und konsequent umgesetzt.

Interimslösungen für die Grundschule OPS wurden erarbeitet. Die Gesamtschule soll an der Goethestrasse gebaut werden. Studien für den Bau wie das Interim sind in Arbeit. 

 

Nächste Schritte:

  • Finale Klärung der Bau- und Interimsgrundstücke. 
  • Fertigstellung Masterplan unter Berücksichtigung der Bedarfe aller Schulen
  • Einleitung erster Maßnahmen
  • Eröffnung der KITA in Obschwarzbach
  • Eröffnung der KITA in der Spessartstraße im Frühjahr 23
  • Weitere Planungsschritte für die KITA Düsselring

 

Thema Sicherheit:

Nach erfolgter Überprüfung der Machbarkeit zur Feuer- und Rettungswache an der Laubacher Straße wurde im Juni 2022 der Neubau einer Feuer- und Rettungswache am Peckhaus, sowie die umfangreiche Sanierung der Wache an der Laubacher Straße beschlossen. Bis zur Fertigstellung der Gebäude wird das Interim an der Willettstraße bezogen. Durch diese Maßnahmen kann der Rettungsdienstbedarfsplan, festgelegt durch den Kreis Mettmann, erfüllt werden und der Arbeitsschutz für die Feuerwehr und den Rettungsdienst hergestellt werden. Die Verhandlungen mit den Krankenkassen hierzu wurden erfolgreich abgeschlossen.

 

Sanierung der Lüftungsanlage in der Fahrzeughalle an der Laubacher Straße für die Herstellung des Arbeitsschutzes.

 

Der Stab für Außergewöhnliche Ereignisse SAE hat die Aufgabe des Bundes angenommen und die Krisen-Resilienz unserer Systeme vor dem Hintergrund eines 72 stündigen Blackouts überprüft. Z.B. wurden Notstromaggregate beschafft, um die Einsatzfähigkeit der Rettungsdienste zu gewährleisten. Informationen für die Bevölkerung wurden auf der Homepage hinterlegt.

 

Nächste Schritte: 

  • Umbau des Interims und europaweite Vergabe der Leistungen zum Neubau/Sanierung der Wachen.
  • Inbetriebnahme der Fahrzeughalle des Feuerwehrstandorts Obschwarzbach

 

Thema Digitalisierung:

Nach erfolgreichem Abschluss aller Akquisephasen sind die Bauarbeiten für die Glasfasererschließung des kompletten Stadtgebietes gestartet. Ende 2023 werden damit alle Wohn- und Gewerbegebiete mit Glasfaser erschlossen sein.

 

Die Arbeitsplätze in der Verwaltung wurden in den letzten Monaten sukzessive modernisiert. Hard- und Software entsprechen nun aktuellen Anforderungen und ermöglichen auch regelkonformes Arbeiten im Homeoffice.

 

Ab 2023 werden erste Maßnahmen für das OZG Online Zugangsgesetz umgesetzt, um Bürger_innen schrittweise den Abruf digitaler Leistungen zu ermöglichen. Dies erfolgt im Gleichklang mit den Vorgaben des Landes.

 

Der Stadtrat stellt sich auf digitale Unterlagen ein. Beleghafte Auslieferung von Unterlagen wird zukünftig die Ausnahme darstellen.

 

Nächste Schritte:

  • Ausbau der Maßnahmen des OZG
  • Digitalisierung in KITAs

Thema Verkehr:

Das Radkonzept wurde nach umfangreicher Bürgerbeteiligung mit 250 Maßnahmen verabschiedet. 

Der Lärmaktionsplan wurde beauftragt und abgeschlossen. Die gewonnenen Erkenntnisse führten dazu, dass auf der Nordstraße zum Schutz der Gesundheit der Anwohner Tempo 30 eingeführt wurde. 

 

Nächste Schritte:

  • Erste große Radverkehrs-Maßnahmen werden im Frühjahr 2023 der Politik vorgestellt und umgesetzt. Die Frage des Erhalts von Parkraum spielt hierbei eine wichtige Rolle.

 

Thema Klimaschutz: 

Das Konzept ist verabschiedet. Die Stadt Mettmann soll 2045 CO2 neutral sein. Dies entspricht den Bundesvorgaben.

 

Nächste Schritte:

  • Die Stelle „Klimaschutzmanagement“ kann besetzt werden. Unter Beteiligung der Bürger werden Maßnahmen erarbeitet.

 

Thema Wirtschaftsförderung:

Das Leerstandsmanagement ist mit der Neuansiedlung von 10 Einheiten erfolgreich. Das Förderprogramm NRW wurde hierfür gezielt eingesetzt. Die Intensivierung des Handels- und Wirtschaftsdialoges ist gelungen. 

 

Nächste Schritte:

  • Verbindung von Stadtmarketing mit den Bereichen Kultur, dezentrales Kulturkonzept und Bibliothek
  • Intensivierung des Flächenmanagements

 

Thema Verwaltung intern:

Die Umstrukturierung des Organigramms schreitet voran. 

Das neu geschaffene, zukunftsweisende Amt IT und Digitalisierung konnte zum Oktober 22 in die Hände des neuen Amtsleiters Johannes Reissich übergeben werden.

 

Das aus dem Ordnungsamt herausgelöste Justiziariat wird in der Verwaltung sehr gut angenommen und sorgt für Entlastung in den Fachbereichen. 

 

Der neue Technische Beigeordnete Tobias Janseps startet im Januar 23.

 

Die weiteren Amtsleitungen Hochbau und Tiefbau in Dez 3 sind in der Ausschreibung. Ebenso die Amtsleitung Personal.

 

Die Bereiche Kultur und Stadtmarketing wechselten in die Stabstelle.  

 

Die IMAKA-Untersuchung der Kernverwaltung hat den Umfang des Stellenplans bestätigt. Eine Reduzierung der Stellen wird nicht empfohlen. In vielen Bereichen wurde ganz im Gegenteil auf weitere noch nicht berücksichtigte Arbeitsfelder hingewiesen wie z.B. entstehender Mehrbedarf im Bereich Digitalisierung. 

 

Nächste Schritte:

  • Intensivierung des Recruitings zur Besetzung offener Stellen
  • Umsetzung der Ergebnisse aus den IMAKA Workshops (Bericht in 02.23).

Thema Jugend und Soziales:

Die Welle, der aus der Ukraine Geflüchteten traf unsere Stadt in einer Phase, in der die städtischen Unterkünfte bereits an ihrer Belastungsgrenze waren. Eine Projektgruppe wurde eingesetzt, um die Geflüchteten aufzunehmen und zu versorgen. Die Unterbringung im Hotel wurde abgelöst durch Unterbringung „privat“ und in Sporthallen. Da die technische Inbetriebnahme des Care-Domes/Traglufthalle nicht erfolgreich umgesetzt werden konnte, sind nach wie vor Flüchtlinge in den Sporthallen untergebracht und es kommt zu einer dauerhaften Stressbelegung in städtischen Unterkünften. Entlastung bringt – zum Glück – die Anmietung des „Luisenhof“, welcher nach notwendiger Sanierung nun Raum bietet.

 

Nächste Schritte:

  • Rechtliche Abwicklung des Care-Domes/Traglufthalle.
  • Weitere Suche nach Erweiterungsmöglichkeiten der städtischen Unterkünfte. 
  • Sicherungsstellung des Wohngeldbezuges
  • Umsetzung des Kinder-Jugend-Stärkungsgesetzes

 

Thema Finanzen:

Die Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung durch IMAKA in Höhe von ca. 4 Mio. € wurden im November 22 vom Rat diskutiert und in Teilen verabschiedet. Maßnahmen im Wert von ca. 1,2 Mio. € sollen mittel- bis langfristig umgesetzt/ eingespart werden.

 

Nächste Schritte:

  • Erstellung eines Grünflächenkatasters 
  • anschließende Bewertung von Pflegestandards zur Validierung einer Konsolidierungsmaßnahme
  • Beratung über die Veränderung von Beiträgen für KITAs in 2023 mit Wirkung ab Mitte 2024 auf Basis des Verursacherprinzips
  • Überprüfung des Aufwandes für Veranstaltungen Dritter

Mit dem Thema Finanzen sind wir wieder in der Diskussion um den Haushalt 2023 und folgende angekommen.

Seit 2009 haben wir in Mettmann 50 Mio. € Eigenkapital verbraucht. Es verbleiben noch ca. 100 Mio.€ Gleichzeitig sind unsere Liquiditätskredite, also Dispokredite, ins Unermessliche gestiegen. Die Linie liegt aktuell bei 75 Mio. €. Diese Kredite haben keinen Gegenwert. Sie entstehen durch negative Jahresabschlüsse und Bilanzierungshilfen Das Jahresergebnis wird durch diese „Hilfen“ verbessert, der Liquiditätsabfluss hingegen bleibt. Das Geld ist also – einfach – weg. 

 

Insgesamt werden in den Jahren der Bilanzierungshilfen ca. 35 Millionen „wegfließen“.

 

Ein Abbau der entstehenden Liquiditätskredite ist wiederum nur durch einen mindestens ausgeglichen Haushalt möglich!

 

Übrigens: Auch im Rahmen eines Haushaltssicherungskonzeptes werden wir gezwungen sein einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Und  dies kann nur über Minderaufwand oder Mehrertrag erreicht werden. 

 

Im Haushalt 23 haben wir entsprechend den Vorgaben des Landes maximal isoliert, also die sogenannten Bilanzierungshilfen in Anspruch genommen.  Damit weisen wir einen Außerordentlichen-Ertrag in Höhe von ca. 8 Mio. € aus, der unser Ergebnis entlastet. Trotzdem liegt das Minus bei ca. 4,5 Mio. € Frau Traumann wird die gleich im Detail erläutern. 

 

Den Ausblick auf 2027 und die geschätzten 12 Mio. € Defizit möchte ich in Erinnerung rufen. In einem bereits terminierten Treffen mit den Landes – und Bundespolitikern werden wir intensiv auf unsere desolate Finanzlage und das strukturelle Defizit aufmerksam machen. 

 

Ein Beispiel für das strukturelle Defizit- die Kinderbetreuung. Sie  weist ein Defizit von über 10 Mio. € aus. Dies wuppen wir derzeit solidarisch und das ist – wie ich meine – auch gut so. 

 

Allerdings sollte an dieser Stelle definitiv das Land für Abhilfe sorgen. Jedes Kind in NRW verdient die gleiche Chance. Das gleiche gilt übrigens für Schule und Bildung. Gerechte Bildungsvoraussetzungen dürfen weder am Portemonnaie der Eltern noch der Kommunen scheitern. Hier fordere ich ein größeres Engagement des Landes, nicht nur über die Definition steigender Standards, sondern – schlicht – über die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel, die verlässlich sind, d.h. keine projektgebundenen Fördermittel.

 

Es ist nicht nachvollziehbar, dass Tablets für Lernzwecke in einigen Kommunen Luxus sind und in anderen Jachthäfen geplant werden. Das löst Frust aus – und zwar bei allen lokal beteiligten Akteuren – bei Ihnen, bei mir, bei den Bürger_innen dieser Stadt. Doch wegducken hilft uns nicht, wir müssen handlungsfähig bleiben und den Tatsachen ins Auge blicken.

 

Und ja, – weil es immer wieder erwähnt und kritisch bis vorwurfvoll hinterfragt wird – ein Blick zurück. Hätten Rat und Verwaltung nicht früher agieren müssen? 

 

Der städtische Haushalt wurde über viele Jahre in einem HSK Haushaltssicherungskonzept gefahren. Es wurde gespart, die Zitrone wurde ausgepresst. Wahrlich keine vergnügungssteuerpflichtige Aufgabe des damaligen Rates. Ein Minimum an Aufgaben wurde erledigt, vieles wurde zwangsweise in die Zukunft verschoben. In der Hoffnung, dass sich die Zeiten bessern. Es wurde geleistet, was machbar war, z.B. der Bau von KITAs oder die Umgestaltung der Innenstadt mit Fördermitteln. Der Bürger wurde jedoch nicht in größerem Umfang an der Finanzierung der Stadt beteiligt. Die Steuern blieben fast unverändert. Auch in wirtschaftlich sehr guten Zeiten. Anders z.B. in Heiligenhaus. 

 

Dies ging zu Lasten der städtischen Substanz in finanzieller, personeller und infrastruktureller Sicht. Städtisches Eigenkapital wurde verbraucht. Gleichzeitig wurden viele auch wichtige Aufgaben vernachlässigt. Die Folgen sind nun sichtbar in Form eines erheblichen Sanierungsstaus. Die passenden Stichworte kennen Sie alle: Schulen, Zustand der Straßen, keine barrierefreien Gebäude, alte Bushaltestellen, Wasserrohrbrüche, keine energetische Sanierung…. Anstatt bereits in den Jahren 2010 und folgende z.B. sukzessive die Grundsteuer zu erhöhen, wie jetzt in den Haushalten 2023 ff vorgesehen, und notwendige Investitionen auf Null-Zins-Niveau zu tätigen, kommt nun mit Macht das dicke Ende. Und das hat leider seinen Preis!

 

Heute können wir nicht mehr verschieben und die globale Lage könnte hierfür fast nicht schlechter sein. Wir wissen konkret, welche Agenda vor uns liegt.

Doch lassen mich hier Albert Einstein zitieren:

„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich jedoch die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“

 

Ich erachte es daher als meine Aufgabe…

Schon bekannte Fakten offen zu benennen und deren Wirkung klar darzustellen:

  1. Die Zinslandschaft verändert sich drastisch. Der Zinsaufwand steigt.
  2. Die Baukosten steigen enorm, vielfach nur bedingt kalkulierbar.
  3. Die Tarifabschlüsse stehen ins Haus. Der Personalaufwand wird steigen.
  4. Die Veränderung der Rechtsprechung zum KAG entlastet die Gebührenrechnung für die Bürger in Höhe von ca. 2 Mio. €; belastet jedoch den städt. Haushalt in gleicher Höhe.
  5. Die Bilanzierungshilfen schonen das Ergebnis belasten jedoch die Liquiditätskredite, erzeugen damit Zinsaufwand und müssen zusätzlich ab 2026, dann auch ergebnisrelevant, abgeschrieben werden.
  6. Die landespolitische gewünschte Einführung des Rechtsanspruches auf einen Platz im Offenen Ganztag bringt großen baulichen Handlungsbedarf an allen Grundschulen mit sich. Wir müssen diesem gerecht werden. 
  7. Die Rückführung des Abiturs auf G9 und steigende Schülerzahlen erfordern Umbau-Maßnahmen an weiterführenden Schulen.
  8. Die benötigten Gebäude für Schule und Bildung müssen im Rahmen der Daseinsvorsorge und auf Grundlage der Ratsbeschlüsse gebaut werden. Hier gibt es keinen Entscheidungsspielraum. 
  9. Der Bau der Feuer- und Rettungswache muss realisiert werden. 2018 waren hier 27 Mio. € geschätzt.
  10. Die Fertigstellung der KITAs erhöht den Aufwand durch Abschreibung. 
  11. Der Baubetriebshof entspricht nicht mehr den Vorgaben des Arbeitsschutzes.
  12. Umfangreiche Straßensanierungen stehen an
  13. ...

Die Liste der pflichtigen Aufgaben und notwendigen Instandhaltungen ist damit noch nicht abgeschlossen. 

 

Das Investitionsvolumen wird mittelfristig über 100 Mio. € betragen. Das Gesamtvolumen wird deutlich darüber liegen. Sich evtl. auf das DOPPELTE belaufen.

 

Über die existenziell wichtigen Aufgaben, resultierend aus dem Klimawandel zur Schaffung von Klima-Resilienz in der Stadt und sowie der notwendigen energetischen Sanierung der städt. Gebäude, haben wir an dieser Stelle noch gar nicht gesprochen. 

Wichtige Aufgaben für die Zukunft wie die Bevorratung von Flächen wird noch schwieriger.

 

Die freiwilligen Aufgaben im Bereich Bauen, z.B. Jubiläumsplatz und Stadthalle sind nur über Fördermittel zu realisieren. 

 

Um unseren Aufgaben, besonders auch im Bereich der Bildung und Zukunft der nächsten Generationen, gerecht zu werden, müssen wir alle Hebel in Bewegung setzen und wurden auch schon in Bewegung gesetzt. Einige Maßnahmen habe ich hier heute schon erwähnt. 

 

Und Übrigens:

  • Im Falle eines Haushaltsicherungskonzeptes muss mit der Perspektive von 10 Jahren ebenso ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt werden. Jede einzelne Abweichung vom Plan muss dann von der Kommunalaufsicht bewilligt und durch andere Positionen ausgeglichen werden. Die Handlungsfähigkeit des Rates ist damit stark eingeschränkt. Eine Nettoneuverschuldung ist von der Kommunalaufsicht zu genehmigen. 
  • Spätestens dann müssen freiwillige Aufgaben auch konkret gestrichen oder mit Erträgen aus Steuereinnahmen gegenfinanziert werden. 

Exkurs – was bisher geschah in Sachen Haushalts-Konsolidierungsmaßnahmen 

 

  • Auf Ratsbeschluss wurde der Haushalt extern auf Konsolidierungs-maßnahmen untersucht. Ca. 1,2 Mio. € von ca. 4 Mio. € wurden vom Rat Anfang November 2022 beschlossen (siehe entsprechende Vorlage mit allen Maßnahmen).
  • Auch die Bürger wurden aufgerufen (11.2021) ihre Vorschläge zur HH-Konsolidierung mit einzubringen. Die Ratsmitglieder haben ihre Vorschläge im Rahmen eines Workshops (11.2021) eingebracht. Alle Vorschläge wurden von IMAKA beleuchtet und auf ihr Potential bewertet. Vorlage: s.o.
  • Der Stellenplan wurde extern überprüft und in seinem Umfang bemessen an aktuellen Aufgaben bestätigt. Zukünftige Schwerpunkte wie z.B. Digitalisierung wurde nicht in Planstellen ausgewiesen.
  • Die Besetzung der offenen Stellen muss erfolgen, um die anstehenden Aufgaben (z.B. auch Betrieb der KITAs) bewältigen zu können. In den letzten Jahren erfolgte eine unstrukturierte Einsparung im Personalhaushalt von bis zu 2 Mio. € jährlich wegen unbesetzter Stellen.
  • Alle freiwilligen Aufgaben werden durch die Kämmerin kritisch hinterfragt werden
  • Alle pflichtigen Aufgaben müssen in ihren Standards überprüft und evtl. gesenkt werden, wobei sich zeitgleich gesetzliche Standards steigern.
  • Alle Investitionen müssen immer auf Reduzierbarkeit im Standard überprüft werden.

 

Die zentralen Fragen für die Zukunft sind, also:

  • Welche Dinge müssen wir im Rahmen der Gesetze und Daseinsvorsorge tun?
  • Welche Dinge sind freiwillig und uns im Sinne einer lebenswerten und liebenswerten Stadt absolut wichtig?
  • Was ist uns unser Stadt wert?
  • Wie finanzieren wir unsere Stadt? Solidarisch oder nach dem Verursacherprinzip?

Die Beantwortung dieser Fragen ist unbequem. Aber notwendig.

 

Was benötigen wir, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein ?

Wir benötigen dringend eine Reform der Kommunalfinanzen – wie neben uns übrigens sehr viele weitere Kommunen.   

 

Und ----- Entscheidungen auf kommunaler Ebene, denn:

 

Mettmann ist – und dies an erster Stelle – UNSERE Stadt und WIR sind in Verantwortung.

 

Ich bin mir sehr darüber im Klaren, dass meine offenen Worte, in ihrer Konsequenz hart sind. Eine Zumutung. Doch sie zeigen die Realität klar auf und machen deutlich, dass wir aktiv für die gewünschten und absolut notwendigen Veränderungen einstehen müssen.

Ich wünsche mir, dass wir uns solidarisch mit unserer Stadt erklären und sie und ihre Einrichtungen am Leben erhalten, so wie wir sie kennen: 

  • mit einer attraktiven Innenstadt für alle Generationen und 
  • mit guter Bildungslandschaft, 
  • kulturell vielseitig, 
  • mit einer bunten Gesellschaft, die sich für ihre Stadt engagiert.

Lassen Sie mich mit Albert Einstein schließen:

„Es wäre also der reinste Wahnsinn, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

 

Gehen wir es gemeinsam an. 

Ihre

Sandra Pietschmann