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Meine ersten zwei Monate – oder: mehr Pflicht als Kür.

Foto: Ira Kaltenegger
Foto: Ira Kaltenegger

Dass mein Amtsstart und die ersten Wochen etwas anders werden würden, war in diesem turbulenten und sehr herausfordernden Corona-Jahr schon abzusehen. Und es kam wie erwartet.

 

Die Inhouse-Orientierungsphase ist gut gestartet, auch wenn die Abstandsregeln und Masken etwas hinderlich sind. Manche Kollegen erkenne ich zwischenzeitlich an ihrem Mund-Nasen-Schutz, was nach Corona wohl zu amüsanter Verwirrung führen wird. Täglich lerne ich weitere Kollegen*innen kennen, informiere mich über die Aufgabengebiete und erhalte neue Einblicke in Abläufe und Fragestellungen. Die Vielzahl der zu bewältigenden Aufgaben ist riesig und das ist genau mein Ding. Mein Tag beginnt z.B. mit einer Vorlesestunde im Kindergarten und endet mit einer Sitzung der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Breiter kann das Spektrum kaum sein. 

 

Bei vielen Kollegen*innen ist die Arbeitsbelastung sehr hoch, was durch Quarantäne und teils sehr lange krankheitsbedingte Ausfälle an zentralen Stellen noch verstärkt wird. Manche Arbeitsabläufe leiden darunter. Hier müssen wir aktiv werden. Die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen, doch das wird sich jetzt sukzessive ändern. In der kommenden Woche ist der Kick-Off zum Start in den Prozess. Das Homeoffice hat es schon ins Rathaus geschafft, was ich absolut begrüße und an geeigneten Arbeitsplätzen weiter ausbauen möchte. So ermöglichen wir z.B. jungen Kollegen*innen Familie und Beruf unter Corona wie auch darüber hinaus besser zu vereinbaren. Ab sofort gibt es übrigens auch das digitale Bürgergespräch über Zoom oder GoTo.

 

Außergewöhnliches und Ungewohntes auf Schritt und Tritt – auch dank Corona

Die Gründung einer Gesamtschule ist formell eingeleitet, so wie es in Folge eines positiven Votums der verbindlichen Elternbefragung auch vorgesehen war. Das pädagogische Team hat seine Arbeit aufgenommen. Der Kreis als Aufsichtsbehörde musste nicht einschreiten – was jedoch zwischenzeitlich fast zu befürchten war und für einen sehr zeitnahen Antrittsbesuch bei der Kommunalsaufsicht sorgte –, da der Rat in der eigens nur für diesen Punkt angesetzten Ratssitzung vom 17.11.2020 die Einleitung des Beantragungsverfahrens folge richtig beschlossen hat. An dieser Stelle möchte ich unserer Kommunalaufsicht für die Unterstützung durch Beratung und rechtliche Einordnung ausgesprochen danken.

 

Der im Herbst 2020 vorgelegte Schulentwicklungsplan zeigt uns den steigenden Bedarf an Schulplätzen in den kommenden Jahren auf. Die Zahlen und resultierenden Möglichkeiten, insbesondere die Zügigkeit der Schulen (Grundschulen wie weiterführende Schulen) betreffend, müssen noch einmal genauer betrachtet werden. Zur Lösungsfindung sind auch die Prüfaufträge des Rates gedacht z.B. zum Standort der Gesamtschule. Diese sind aktuell in Arbeit. Zwischenzeitlich wurde die informelle Petition für den Erhalt der Realschule abgeschlossen. Ca. 800 Unterschriften aus Mettmann wurden mir überreicht. Die Bürgerinitiative zum Fortbestand der Realschule strebt nun ein formelles Bürgerbegehren an. Für mich ist es richtig und wichtig, dass Bürger sich aktiv einbringen. Ein Treffen mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens ist für Ende Januar geplant. Das Jahr 2021 bleibt unter schulpolitischen Gesichtspunkten weiterhin spannend.

 

Verwaltungs- und Ratsarbeit unter Pandemiebedingungen

So groß war ein neu gewählter Rat in Mettmann noch nie. Eine Herausforderung. Weitere Wege bedingt durch die Tagung in der Stadthalle bzw. in der KHG-Aula statt im eigenen Ratssaal und vor allem die Umstände sind alles andere als förderlich. Der zusätzliche technische Aufwand, Einzeltische auf Abstand, Mikros installieren, Hygienemaßnahmen umsetzen, kein Händeschütteln mehr und wegen der Gesichtsmasken zu wenig Mimik und – zu allem Übel – ständig beschlagene Brillen. Für die Abstimmungen haben wir als pragmatische Lösung ein Ampelsystem mit verschiedenen Karten eingeführt. In der Stadthalle wären die Meldungen ansonsten gar nicht zu sehen- so groß die Abstände und schlecht die Beleuchtung. Eine elektronische Möglichkeit zur Stimmabgabe ist in Erprobung. Digitale Sitzungen sind laut unserer GO NRW nicht erlaubt. Für ein Streaming fehlt uns noch die Anpassung unserer Geschäftsordnung. Ob die Mehrheit des Rates eine Übertragung befürwortet und ob wir uns dies leisten wollen, werden wir in den kommenden Wochen erfahren. Ich sehne auf alle Fälle den Tag herbei, an dem wir Maske und Abstand auch in Sitzungen wieder hinter uns lassen.

 

Verschiebung der Dezember-Ratssitzung – oder:

wie Corona das Gewohnte auf den Kopf stellt

Wegen der sehr hohen Inzidenz in Kreis und Stadt Mettmann, doch insbesondere auch vor dem Hintergrund der Selbstquarantäne für das anstehende Weihnachtsfest mit möglichen Besuchen von Risikopatienten und dem Schutz der Gesundheit wurde die anberaumte Ratssitzung vom 15.12.2020 verschoben. Beschlossen wurde dies einstimmig durch die anwesenden Fraktionsvorsitzenden in Übereinstimmung mit der Verwaltung im Rahmen eines online Meetings am 14.12. Die Einladung zu diesem Meeting wurde durch eine Fraktion versendet, da die Stadt Mettmann zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage war, Zoom-Meetings mit einer längeren Dauer anzustoßen (nur ein Beispiel dafür, dass wir in Sachen Digitalisierung noch viel zu tun haben).   Der Eindruck des anstehenden harten Lock-Downs trug ebenfalls maßgeblich zu dieser Entscheidung bei.

 

ZSM nahm am Meeting nicht teil, stimmte mir gegenüber dem Beschluss zum Schutz der Gesundheit jedoch telefonisch zu. Auch die LINKE war nicht direkt dabei, da der Zoomlink nicht ankam. Dieses Versehen wurde im Nachgang ausgeräumt. Doch der Verschiebung hat die Linke, noch während des Treffens über einen weiteren Kanal zugeschaltet, auch zugestimmt. Rat und Verwaltung haben mit dieser Entscheidung übereinstimmend und pragmatisch gehandelt und sind auch – wie ich es empfinde – ihrer Vorbildfunktion und Fürsorgepflicht in diesen außergewöhnlichen Zeiten gerecht geworden.

 

Absage – oder: was kommt dann?

Nach der Entscheidung für eine Verlegung der Ratssitzung erfolgte auch eine Festlegung des gemeinsamen Vorgehens und der möglichen Folgen hieraus. Folgende Fragen mussten beantwortet werden:

Wird es eine Kompetenzübertragung geben? Ein Umlaufverfahren unter allen Ratsmitgliedern sollte zur Abstimmung gestartet werden. Das Ergebnis stand dann am 21.12.21 fest.

 

Werden Dringlichkeitsentscheidungen notwendig? Die Notwendigkeit musste in Teilen noch überprüft werden. Sollte eine Dringlichkeitsentscheidung notwendig werden, sollte diese durch die Verwaltung umgesetzt werden. So z.B. in Sache der Gebührensatzungen.

 

Wann findet die nächste Sitzung statt? Am 12.1.21 oder 13.1.21? Eine etwaige Einberufung einer Sitzung zwischen dem 15.12.20 und dem 12.1.21 – wie zwischenzeitlich in den Medien diskutiert – war weder gewünscht (Gesundheitsschutz speziell über Weihnachten) noch faktisch möglich durch den notwendigen Vorlauf von Sitzungen im Coronaformat (z.B. Bestellung der Mikroanlage) und der anstehenden kompletten Einstellung des Verwaltungsbetriebes zwischen dem 23.12. und 3.1.21.

 

Wie gehen wir mit der Haushaltseinbringung um? Der Rat erhält den Entwurf zur internen Beratung vorab. Einbringung dann in 2021.

 

So der Stand der Dinge am 14.12.2021.

 

Kompetenzübertragung – was ist das?

Um die Gremienarbeit unter Pandemiebedingungen sicherer zu machen, gibt es einen Erlass des Landes NRW zur Übertragung der Kompetenzen des Rates auf den Haushalts- und Finanzausschuss jeder Kommune. Diese Regelung ist aktuell bis zum 31.12.2021 befristet. Die Kompetenzübertragung dient der Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit aller Beteiligten durch Verkleinerung des Gremiums. Der Rat hat aktuell 58 Mitglieder, der Ausschuss ist nur ca. halb so groß. Das Risiko der Ansteckung und langen Infektionsketten wird damit deutlich minimiert.

 

In Mettmann haben sich deutlich mehr als 2/3 aller Ratsmitglieder zu dieser Kompetenzübertragung entschlossen. Der Beschluss wurde im Nachgang zur Absage der Ratssitzung vom 15.12. im Umlaufverfahren gefasst, um festzulegen in welcher Form wir in 2021 tagen werden. Das Ergebnis stand am Montag, 21.12.21 fest. 

 

Eine Verkleinerung des Personenkreises halte ich persönlich in Corona-Zeiten für sehr sinnvoll. Eine Entmachtung des Rates kann ich hier nicht erkennen, denn alle Ratsparteien sind im Haupt- und Finanzausschuss spiegelbildlich vertreten und die Regelung ist zeitlich befristet. So wird nun am 12.1.2021 auch der H&F-Ausschuss tagen statt des Rates. Die Tagesordnungspunkte entsprechen weitestgehend der von der verschobenen Ratssitzung vom 15.12.2020 plus nachträglich eingegangener Anfragen der Fraktionen.

 

Dringlichkeitsentscheidung zu den Gebührenanpassungen

Gebührenerhöhungen sind immer unangenehm; bleiben sie stabil oder werden sie gar gesenkt, freut man sich. Auch eine Verwaltung passt turnusmäßig ihre Gebühren einmal im Jahr an. Ein ganz normaler Vorgang, der die Bereiche der Feuerwehr- und Rettungsdienste, des Wochenmarktes, die Straßenreinigung, Abfallbeseitigung, Entwässerung und die Friedhofsgebühren betrifft. Ähnlich einer Nebenkostenabrechnung werden entstandene oder zu erwartende Kosten in den genannten Bereichen nach dem Kostendeckungsprinzip berechnet und auf die Bürger*innen umgelegt. 

 

Diese Gebührenanpassung – Erhöhung sowie auch Senkungen – wurden am 24.11.2020 zunächst im Haupt- und Finanzausschuss beraten und genehmigt und zum Beschluss an die nächste Ratssitzung delegiert. Aufgrund der öffentlichen Sitzungsvorlage wurden die Anpassungen bereits am 22.11.2020 durch die Presse der Öffentlichkeit kommuniziert. Da nun die geplante Ratssitzung am 15.12.2020 aus oben genannten Gründen abgesagt wurde, sind wir der Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes und der gemeinsam getroffenen Entscheidung vom 14.12., gefolgt und haben diese Gebührenanpassungen, die bereits im H&F-Ausschuss genehmigt wurden, per Dringlichkeitsentscheidung beschlossen, damit die Bescheide wie geplant ab dem 1.1.2021 erfolgen können. 

 

Wenn wir mit der Entscheidung bis zur nächsten H&F-Sitzung am 12.1.2021 gewartet hätten, wäre z.B. eine rückwirkende Beschlussfassung der Gebührensatzungen nicht mehr möglich gewesen. (Stichwort „Rückwirkungsverbot“). Dies hätte wiederum eine Unterdeckung verursacht, die wir dann in den Gebührensatzungen für 2022 hätten umlegen müssen. Eine unterjährige Umstellung und Neuberechnung hätte einen erheblichen personellen und zeitlichen Mehraufwand bedeutet. Deshalb war die Dringlichkeitsentscheidung zu den Gebührenanpassungen mehr als sinnvoll, zumal es zur Gebührenanpassungen durch den H&F-Ausschuss im November keine Beanstandung gab und in der noch folgenden Sitzung am 12.1.2021 abschließend über die Dringlichkeitsentscheidungen zur Gebührensatzung beschlossen wird. 

 

Die Dringlichkeitsentscheidung zur Gebührenanpassung wurde über das offizielle Veröffentlichungsorgan der Stadt, das Amtsblatt 45-2020 am 18.12.2020 und am 23.12.2020 über eine Pressemitteilung veröffentlicht. Zukünftig wird das Amtsblatt übrigens auch auf Facebook angekündigt. Es lohnt sich ab und an einen Blick zu riskieren. Sollten Fragen offenbleiben, holt euch die fehlenden Infos gerne direkt per Mail bei mir.

 

Einbringung des Haushalts – oder: Corona sorgt mal wieder für Ausnahmen

Kenntnisstand am 15.12.20: Der Entwurf der Haushaltssatzung der Verwaltung wird durch die Verschiebung der Dezember-Ratssitzung erst am 12.1.2021 im Haupt- und Finanzausschuss, eingebracht. Ab dann ist der Entwurf auch öffentlich. So die Kommentierungen der GO NRW, die vorsehen, dass der Entwurf im Rahmen eines Tagesordnungspunktes einer Ratssitzung das erste Mal vorgestellt wird – also eine Einbringung in Präsenz. Da Verwaltung und Rat als Einheit agieren, wie in der Gemeindeordnung vorgesehen, wurde der Entwurf des Haushaltsplans allen Ratsmitgliedern bereits am 18.12.2020 zugänglich gemacht. Das halte ich auch für sehr sinnvoll und richtig. Denn die Zeitschiene der Haushaltsberatungen und –Verabschiedung durch die Fraktionen kann durch dieses Vorgehen eingehalten werden. Damit wird in Folge die Handlungsfähigkeit der Stadt möglichst schnell in 2021 sichergestellt. Denn auch in 2021 erwarten wir einen stark defizitären Haushalt, der von der Kommunalaufsicht auch noch genehmigt werden muss.

 

Doch Corona ist immer für eine Ausnahme gut:

Nachdem der Städte- und Gemeindebund für Pandemiezeiten eine abweichende Regelung entgegen der oben beschriebenen Präsenz-Einbringung des Haushalts ins Spiel bringt, haben wir den Haushalt in dieser Woche umgehend veröffentlicht. Alle Dokumente sind nun auf der städtischen Homepage unter www.mettmann.de zu finden. 

 

Fazit – oder was bringen die kommenden Wochen

Das war alles in allem ein sehr intensiver und spannender Amtsantritt – mit viel Verwaltungs-Formalia, unpopulären aber notwendigen Entscheidungen und einigen Nachtschichten. Aber auch sehr vielen positiven Momenten und Begegnungen. Die beschriebenen Dinge sind nur ein kleiner Ausschnitt der Arbeit meiner ersten zwei Monate. Coronabedingt sind/waren einige Vorgänge in der Verwaltungsgeschichte Mettmanns auch neu und ungewohnt, vielleicht auf den ersten Blick sogar irritierend. Ich bin mir allerdings sicher, dass trotz der turbulenten Zeiten, in denen fast nichts in unserem Alltag wie gewohnt läuft, die meisten von euch nach wie vor Verständnis und Geduld aufbringen, für die vielen Ausnahmen und Sonderregelungen und auch dem persönlichen Sicherheitsbedürfnis unseres Nächsten mit Respekt begegnen. Hierfür möchte ich euch herzlich danken. 

 

Voller Zuversicht blicke ich auf ein erneut herausforderndes Jahr 2021, wünsche euch eine große Portion Gesundheit und freue mich auf wieder mögliche persönliche Begegnungen und Gespräche – bis dahin meldet euch mit all euren offenen Fragen und eurem willkommenen Input gerne per Mmail oder wir treffen uns einfach digital.

 

Eure

Sandra Pietschmann